Sehr geehrter Herr Weimer,
ich bitte um den Abdruck der folgenden Stellungnahme:
Jürgen Busche betätigt sich als Denunziant, indem er auf der Grundlage von längst widerlegten Gerüchten Unwahrheiten insinuiert. Wenn man sich den Kreis derer vergegenwärtigt, von denen man weiß, dass sie das Gerücht kolportiert haben – Fest, Lübbe, Koselleck, und (nun erst?) Busche – erkennt man die erneute Denunziation als das, was sie ist: als Fortsetzung einer politischen Hetze, der ich vonseiten der FAZ insbesondere in den 70er und 80er Jahren ausgesetzt war. Fest hat mir offenbar die Kritik an jenen Vordenkern des NS-Regimes übelgenommen, die er in seinem Blatt rehabilitieren ließ.
Wie wehrt man sich gegen eine Denunziation, die das durchsichtige Ziel verfolgt, zusammen mit Grass eine unbequeme Generation von Intellektuellen abzuräumen, die sich für die selbstkritische Vergewisserung des Traditionshintergrundes der – auch und vor allem – in akademischen Schichten verbreiteten Zustimmung zur NS-Herrschaft eingesetzt hat? Ich begnüge mich mit Feststellungen, die bisher nicht nötig waren.
Ich hatte schon aufgrund meiner Behinderung keine Chance, mich als jugendlicher mit der herrschenden Weltanschauung zu identifizieren. Ich habe auch nicht, wie die Redaktion behauptet, „an den Endsieg geglaubt“. Da ich Arzt werden wollte, bin ich in der Hitlerjugend, einer Organisation, der damals jeder angehören musste, „Feldscher“ geworden und habe selbst Ausbildungskurse abgehalten, für die man Freiwillige gewinnen musste.
An einem dieser Kurse hatte auch Hans-Ulrich Wehler teilgenommen. Er hat mich daran, als wir uns in den 60er Jahren näher kennen lernten, erinnert. Damals schickte er mir das nun zu Ruhm gelangte „Dokument“: es handelt sich um eine der damals üblichen „Aufforderungen“, also um einen vorgedruckten Zettel, den ich damals verschickte, um meine Kursteilnehmer zusammenzuhalten. Sonst hätte ich meine Kurse einstellen müssen. Und dann hatte ich wieder zu dem verabscheuten regelmäßigen HJ-,,Dienst“, wie es damals hieß, erscheinen müssen.
Das Verschicken eines solchen Vordrucks war ein normaler Vorgang – ich selbst hatte früher solche Aufforderungen bekommen, wenn ich mehrere Male nicht „angetreten“ war. In den 70er Jahren hat mich deshalb die Erinnerung an diesen Vorgang so wenig berührt, dass ich den historischen Rang, den das Dokument inzwischen erlangt hat, unverzeihlicherweise nicht erkannt habe. Wo anders als im Papierkorb sollte es gelandet sein? Meine Frau muss das auch so wahrgenommen haben, denn sie gab auf Ulis Nachfrage – während eines gemeinsamen Sommerurlaubes am felsigen Strand von Elba – die unverkennbar ironische Antwort: „Er hat‘s verschluckt“.
Wenn der Umstand, dass ich von Herrn Fest posthum – und von dessen ehemaligem Angestellten Busche genötigt werde, mich über diese Lappalien zu äußern, eines lehrt, dann etwas von der Ranküne, die das Klima der Bundesrepublik Jahrzehnte lang vergiftet hat.
Mit Empfehlungen,
Jürgen Habermas
via Habermas Forum
Sunday, October 29, 2006
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2 comments:
HABERMAS'S SILENCE?
response to Jürgen Busche – ”Hat Habermas die Wahrheit verschluckt?”
(Has Habermas Swallowed the Truth?)
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Martin Beck Matuštík
http://web.ics.purdue.edu/~matustik
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