Thursday, December 20, 2001

Religion in der Moderne

Religion in der Moderne
Zur Auseinandersetzung von Jürgen Habermas mit naturalistischen Weltbildern der Wissenschaft und religiِsen Orthodoxien
Von Hans Joas
Besprochene Bücher ...
Wie kaum ein anderer der groكen systematischen Denker unserer Zeit hat Jürgen Habermas seit Jahrzehnten auch stets zu brennenden Zeitfragen Stellung genommen und sich in seiner philosophischen Arbeit von aktuellen Konstellationen inspirieren lassen. Von einem Nachlassen seiner enormen zeitdiagnostischen Krنfte kann weiterhin keine Rede sein. Mit seinem neuen Aufsatzband legt der Philosoph nun eine Sammlung von Arbeiten aus den Jahren 2001 bis 2004 vor, die zwar etwas heterogen geraten ist, aber gerade auch deshalb Anknüpfungspunkte für vielerlei Interessen bietet. Einige Kapitel werden vornehmlich diejenigen interessieren, die sich mit den Finessen der inneren Architektonik von Habermas' Gedankengebنude auseinander setzen. Die meisten Teile des Buches aber sind von allgemeinerem Interesse, und am Beginn des Bandes steht ein anrührender autobiografischer Text, dessen Ausstrahlung sich wohl niemand entziehen kann.

Habermas, der die ضffentlichkeit und auch persِnlich getِnte Kontroversen nie gescheut hat, hielt sich hinsichtlich der lebensgeschichtlichen Wurzeln seines eigenen denkerischen und politischen Engagements bisher immer eher scheu zurück. Zum ersten Mal reflektiert er nun ِffentlich über die leidvollen Erfahrungen, die sich aus seiner Behinderung sowie den damit verbundenen medizinischen Eingriffen, Kommunikationsschwierigkeiten und Krنnkungen ergaben. Und er schildert die für ihn (wie für viele seiner Generationsgenossen in Deutschland) zentrale Erschütterungserfahrung von 1945 und ihre Konsequenzen. Damit werden die Triebkrنfte, aber auch die schier unerschِpflichen Energien dieses Denkers in einer über das Intellektuelle weit hinausgehenden Weise verstنndlich gemacht.

Wie der Titel signalisiert, benennt Habermas zwei gegenlنufige Tendenzen als kennzeichnend für die geistige Situation unserer unmittelbaren Gegenwart: "die Ausbreitung naturalistischer Weltbilder und der wachsende politische Einfluك religiِser Orthodoxien". Mit dem Begriff des "Naturalismus" zielt er vor allem auf die Tendenzen einiger (dadurch prominent gewordener) deutscher Hirnforscher wie Wolf Singer und Gerhard Roth, alle traditionell als mental bezeichneten Vorgنnge "allein aus beobachtbaren physiologischen Bedingungen zu erklنren".

Die grِكte Sprengkraft in der Diskussion hat dabei die These entwickelt, dass das Freiheitsbewusstsein, das Handelnde gegenüber ihren eigenen Handlungen haben, eine bloكe Illusion darstelle. Dieser These ist in den letzten Jahren von philosophischer Seite schon mehrfach in groكer Differenziertheit entgegnet worden, ohne dass ihre Vertreter sich zu mehr als verbalen Korrekturen entschlieكen konnten. Die meisten Entgegnungen laufen darauf hinaus, dass die Vorstellung von Willensfreiheit als einer vِllig bedingungs- und kontextlosen Willkür in der Philosophie und den Sozialwissenschaften selbst spنtestens im 19. Jahrhundert überwunden wurde und die Angriffe der Hirnforscher insofern einem bloكen Popanz gelten.

Habermas stützt sich nun (im Kapitel Freiheit und Determinismus) auf eine Reihe dieser Kritiken und zieht sie zu einer überzeugenden Synthese zusammen. Mit dem Gedanken, dass der freie Wille sich zumindest in der Form eines Vetos gegenüber unbewusst in Gang gesetzten Handlungsablنufen zur Geltung bringen kِnne, hat schon Benjamin Libet, auf dessen Experimente sich die Beweisführung der Hirnforscher wesentlich stützt, eine deutlich weichere Position eingenommen. Habermas betont nun darüber hinaus die Rolle der Gründe für das Handeln: "Der Handelnde ist dann frei, wenn er will, was er als Ergebnis seiner ـberlegung für richtig hنlt. Als Unfreiheit erfahren wir nur einen von auكen auferlegten Zwang, der uns nِtigt, anders zu handeln, als wir nach eigener Einsicht handeln wollen."

Wenn dies so ist, dann wird ein Dualismus der Perspektiven unvermeidbar; dem subjektiv empfundenen Freiheitsbewusstsein steht eine Beobachterperspektive gegenüber, aus der nach Ursachen und Gesetzmنكigkeiten gefragt wird und die zu einem naturwissenschaftlichen Determinismus verdichtet werden kann. Habermas geht über die typischen philosophischen Kritiken auch insofern hinaus, als er diesen Dualismus selbst als ein Resultat der Naturgeschichte, das heiكt der Evolution des Homo Sapiens, zu sehen bereit ist. Damit kann er eine Fülle anthropologischer Befunde in seine Kritik eines biologistischen Weltbildes integrieren.

Der Begriff des Naturalismus wird dann allerdings zweideutig. Das Anliegen einer Naturalisierung des Geistes teilt Habermas nنmlich durchaus; seine Argumentation entstammt ja nicht einem traditionellen Idealismus, sondern dem Pragmatismus. Die Auseinandersetzung über den richtigen Naturalismus ist aber etwas anderes als ein Kampf gegen diesen. Zu bekنmpfen ist nicht der Naturalismus als solcher, sondern eine spezifische spekulative Deutung biologischer Ergebnisse, die diese zu einem Weltbild überhِht.

Auch bei der anderen groكen Tendenz unserer Zeit wird eine merkwürdige Zweideutigkeit spürbar. Wenn Habermas vom wachsenden Einfluss religiِser Orthodoxien spricht, kann sich der Leser schon beim ersten Satz des Buchs fragen, ob es nur um diese oder nicht doch besser um die politische Bedeutung der Religion insgesamt gehen sollte. Es ist sogar unplausibel, die spektakulنren Fنlle politisierter Religion in unserer Zeit wie einen gewaltbereiten Islamismus oder den protestantischen Fundamentalismus in den USA überhaupt als Orthodoxien zu bezeichnen - als kümmerten sich deren Vertreter stark um Lehrtradition oder theologische Stimmigkeit. Der Band enthنlt einige Kapitel, die die Stellung der Religion in der ضffentlichkeit in meisterlicher Weise erِrtern. Leitfaden ist dabei die Frage nach den wechselseitigen Zumutungen, die religiِse und sنkulare Bürger beim "ِffentlichen Vernunftgebrauch" in einer Demokratie zu ertragen haben.

Angelehnt an Gedankengنnge, die John Rawls in seinen letzten Lebensjahren gebahnt hat, geht Habermas über ein militant laizistisches oder sنkularistisches Selbstverstنndnis, das auch ihn lange gekennzeichnet hatte, weit hinaus - noch weiter auch, als dies schon in seiner aufsehenerregenden Friedenspreisrede von 2001 geschehen war. Wenn damals Religion noch eher als Objekt der Zنhmung erschien, tritt sie jetzt immer mehr (und historisch mit guten Gründen) als Schrittmacherin des Wegs zu Demokratie und Menschenrechten auf.

Habermas stellt sich vehement der Vorstellung entgegen, dass die Trennung von Staat und Kirche (zu deren institutioneller Variabilitنt er mehr hنtte sagen kِnnen) auch auf die Stellungnahmen von Organisationen und Bürgern in der ضffentlichkeit auszudehnen sei. Es geht ihm um viel mehr als einen Respekt vor der Religion, nنmlich "um die selbstreflexive ـberwindung eines sنkularistisch verhنrteten und exklusiven Selbstverstنndnisses der Moderne". Auch in seiner Einleitung zu einer Diskussion mit Joseph Ratzinger votiert Habermas in aller Deutlichkeit dafür, die weltanschauliche Neutralitنt der Staatsgewalt im Sinne einer Distanz auch zu einer sنkularistischen Weltsicht zu deuten. In diesem Text zerlegt Habermas die berühmte Frage Bِckenfِrdes nach der Gewنhrleistung der normativen Voraussetzungen des freiheitlichen Staates in eine Serie von Unterfragen; in der Konklusion kommt er, ohne dass dies im mindesten als Anzeichen einer schleichenden Konversion gedeutet werden dürfte, zu dem religionsfreundlichen Schluss.

Aber die begrifflich virtuosen Texte des Bands sind gleichwohl durchzogen von Seitenhieben und Querverweisen, die für Einstellungen symptomatisch sind, um deren ـberwindung es Habermas doch gerade geht. Die Frage eines Kollegen, "ob nicht aus kulturvergleichender und religionssoziologischer Sicht die europنische Sنkularisierung der eigentliche Sonderweg sei, der einer Korrektur bedürfe" - eine Frage, der kein Glنubiger sich ja wohl entziehen kann -, lِst bei ihm die Assoziation zur Stimmungslage der Weimarer Republik, zu Carl Schmitt, Heidegger und Leo Strauss aus. Als überraschend bezeichnet er die politische Revitalisierung der Religion in den USA: als habe es die Bürgerrechtsbewegung nie gegeben. Und in seiner Rekonstruktion der Religionsphilosophie Kants und ihrer Wirkungsgeschichte werden die groكen protestantischen Theologen Schleiermacher und Troeltsch zwar kurz erwنhnt, gleich aber nach dem Klischee des "Kulturprotestantismus" entwertet, als hنtten sie "den religiِsen Bezug zur Transzendenz seiner innerweltlichen Sprengkraft" beraubt, wنhrend es doch angemessener wنre, ihre Sensibilitنt gegenüber den Widersprüchlichkeiten der Moderne, bei aller Aufgeschlossenheit für diese, hervorzuheben. Von der modernen, nicht einfach apologetischen katholischen Religionsphilosophie seit Scheler ist gleich gar keine Rede.

Auch der Begriff der postsنkularen Gesellschaft, in die wir angeblich eingetreten sind, wird trotz vielfacher Wiederholung nicht plausibler. Weder sind ja die Zahlen der Glنubigen plِtzlich stark angeschwollen, noch hat der Staat sein sنkulares Selbstverstنndnis abgelegt. Es geht Habermas um eine ـberwindung sنkularistischer Ideologien - aber diese haben nie eindeutig dominiert, und ihre ـberwindung ist entsprechend kein ـbergang in eine neue Form von Gesellschaft.

Habermas bleibt auch dabei, religiِse ـberzeugungen von "anderen ethischen Lebensorientierungen und Weltanschauungen, d. h. weltlichen 'Konzeptionen des Guten'" dadurch zu unterscheiden, dass diese sich "vorbehaltloser diskursiver Erِrterung" entziehen. Das halte ich für einen Rest sنkularistischen Selbstmissverstنndnisses. Auch die weltlichen Konzeptionen des Guten sind in biografisch-historischen Erfahrungen fundiert, die zwar expliziert werden kِnnen, von deren Evidenzcharakter sich der Mensch aber nicht einfach lِsen kann. Das zeigen autobiografische Rückblicke, auch der in diesem Band, meist in aller Deutlichkeit.

Habermas prنsentiert sich bei aller Distanznahme im Einzelnen als ein neuer Kant - ein Kant der kommunikativen Vernunft und des Zeitalters nach Darwin. Es ist kein Zufall, dass die Studie zu Kants Religionsphilosophie wohl die brillanteste des Bands ist. Auch die Haltung des Moralisten Kant zur Religion wird in ihrer mehrfachen Ausrichtung übernommen. Die eher technischen Teile des Bands - Auseinandersetzungen mit Denkern, die Habermas in verschiedener Weise verbunden sind wie Adorno, Apel, McCarthy und Menke - zeigen den enormen Anspruch dieser Philosophie.

Und das Schlusskapitel, mit dem sich Habermas in die Debatten über eine Reform der UN einschaltet, erinnert bewusst an Kants als Vertragsentwurf prنsentierte ـberlegungen zum Ewigen Frieden. Vom einstigen Vertrauen in die motivierende Kraft der Moral als solcher ist nicht mehr die Rede; auch die Verhنrtung der ausschlieكlichen Konzentration auf das Recht, um diesen Mangel auszugleichen, ist überwunden. Doch die Faszination durch die Religion bleibt wie bei Kant sehr eng moralistisch eingehegt. Das Plنdoyer für einen produktiven Dialog von Glنubigen und Nichtglنubigen ist aber selten so eloquent und konzis vorgetragen worden.

Anmerkung der Redaktion: Die Rezension ist zuerst am 13.10.2005 in DIE ZEIT erschienen. Dem Verfasser Hans Joas, Leiter des Max-Weber-Kollegs in Erfurt und Professor für Soziologie und Sozialphilosophie in Erfurt und Chicago, danken wir für die Genehmigung zur Nachpublikation.
Elf Aufsنtze von Joas zum Thema Religion und Wertbindung erschienen gesammelt 2004 unter dem Titel "Braucht der Mensch Religion? ـber Erfahrung der Selbsttranszendenz", darunter einer über die Friedenspreisrede, die Jürgen Habermas im Oktober 2001 in der Frankfurter Paulskirche hielt. Joas beschreibt sie als "generِses Gesprنchsangebot" an Glنubige und Kirchen, als Angebot allerdings "nicht ohne Tücken".

Habermas kann nicht ander

Habermas kann nicht anders
Gerhard Beckmann setzt sich mit dem populärsten deutschen Gegenwartsphilosophen auseinander, der nun die "postsäkulare Gesellschaft" verkündet
von Gerhard Beckmann


Bis vor vier Jahren war Religion für Jürgen Habermas Privatsache. Religiöse Motive für das öffentliche Handeln galten ihm als inakzeptabel: Im gesellschaftlichen und politischen Raum könne nur eine universale, für alle nachvollziehbare Moral verpflichtend sein; eine Moral, wie sie sich nur in einem vorbehaltlos freien, rational und pragmatisch geführten Verständigungsprozeß herausbilden könne. Das Modell solch einer rigoros "normativen" säkularen Ordnung entwarf Habermas in seinem philosophischen Hauptwerk "Die Theorie des kommunikativen Handelns".


In seinem neuesten Werk billigt Habermas der Religion nun auf einmal öffentliche Bedeutung zu. Warum? Was hat ihn dazu geführt - so in seinem jüngst bei Suhrkamp erschienenen Band "Zwischen Naturalismus und Religion" - mittlerweile das Ende des Säkularismus, die "postsäkulare Gesellschaft" zu verkünden?


Den Denkanstoß gaben die islamistischen Terrorakte auf New York und Washington vom 11. September 2001 einerseits, andererseits der christliche Fundamentalismus in den USA. Im alten Europa erkennt Habermas besorgt, daß Lust und Motivation zur Teilnahme am öffentlichen Leben und am politischen Diskurs rapide abnehmen, die von ihm früher propagierte säkulare Gesellschaft folglich an und in sich selber zerbrechen könnte. Und Habermas ist nicht zuletzt auch deshalb der international meistgelesene, einflußreichste lebende deutsche Philosoph, weil er Endzeitstimmungen aufgreift.


Das entspricht ein Stück weit der Tradition der Frankfurter Schule, deren Hauptrepräsentant in zweiter Generation er ist. Nur: Ihre Begründer - Theodor W. Adorno, Walter Benjamin, Erich Fromm, Max Horkheimer und Herbert Marcuse - erkannten in den komplexen Phänomenen des gesellschaftlichen Wandels den utopischen Horizont: Die säkulare Gesellschaft verwirklicht sich erst in dem, was Adorno mit den Worten der christlichen Offenbarung "das richtige Leben" nennt. Diesem utopischen Gehalt der Theorie gegenüber ist Jürgen Habermas phänomenologisch blind.


Ein weltumspannendes Zeitalter des Säkularismus hat es ohnehin nie gegeben. Die "säkulare Gesellschaft", so der Habermas-Schüler Klaus Eder, ist nur ein - übrigens kaum betretener - "europäischer Sonderweg". Die 70 Millionen evangelischen Christen, die sich in den USA zum Fundamentalismus bekennen, sind nicht - quasi in Fließbandproduktion - über Nacht "wiedergeboren" worden. Gerade wegen der in Amerika seit Anbeginn herrschenden Trennung von Staat und Kirche ist die Religion dort immer ein urlebendiges zentrales Moment des kollektiven bürgerlichen Selbstverständnisses gewesen. Nur so konnte eine breite politisierte christliche Bewegung entstehen. Und ohne die Kontinuität der muslimischen Religiosität ist auch der islamistische Fundamentalismus nicht zu verstehen.


Für religiöse Bewegungen hat Habermas jedoch nie eine Antenne gehabt. Auch jetzt, bei seiner scheinbaren Hinwendung zur postsäkularen Gesellschaft, nimmt er die Religion nur unter dem Aspekt der Politisierung wahr. Im ersten Schritt registrierte er sie vor allem als Störfaktor. Dann ging ihm auf, daß hier eine ungeheure Kraft wirkt, die im säkularen Bereich versiegt ist. Habermas versteht die Religion (nachdem er sozusagen einen Kraftstoffmangel für den säkularen Motor festgestellt hat) als mögliche Ersatzquelle ausschließlich unter dem Aspekt ihrer gesellschaftlichen Funktionalität.

Doch wie will er sich diese Energiequellen nutzbar machen? Nicht nur fundamentalistische religiöse Bewegungen widersetzen sich dem Säkularismus, weil er Lebensräume, Lebensvorstellungen und Lebensweisen zerstört. Doch eben diesen Säkularismus rechtfertigt Habermas nach wie vor mit seiner universalistischen Moralphilosophie; mit dem herrschenden politischen Liberalismus des Westens hat er sich (weitgehend) identifiziert, und außerdem bleibt er dabei: Religiöse Überzeugungen sind im öffentlichen Raum nur akzeptabel, sofern sie sich einer "vorbehaltlos diskursiven Erörterung" unterziehen lassen und ihre Überzeugungen sich als rational begründbar erweisen.


Damit aber ist das Religiöse in seiner Substanz diskreditiert und zum nicht Integrierbaren erklärt. Mit anderen Worten: Die von Habermas geforderte "selbstreflektive Überwindung eines säkularistisch verhärteten und exklusiven Selbstverständnisses der Moderne", die für eine "postsäkulare Gesellschaft" charakteristisch sein soll, mißlingt schon im Ansatz. Der nämlich bleibt der Ideologie des Säkularen verhaftet und fordert die Religion auf, sich zu überwinden.


Wenn Habermas voraussetzt, daß säkulare Menschen sich in ihrem Denken und Handeln vorbehaltlos rational, pragmatisch und öffentlich - der modische Komplexbegriff heißt: transparent - verhalten, legt er wiederum phänomenologische Blindheit an den Tag: Beobachtungen und Erkenntnisse der Anthropologie, Psychologie, Soziologie wie der verhaltensorientierten Wirtschaftswissenschaften belegen nämlich das Gegenteil.


Das Religiöse verweigert sich dem rationalistischen Diskurs. Es beharrt auf seiner fiktiven Wahrheit, oder, um mit Adorno zu argumentieren: Eine Religion, die sich auf etwas anderes als ihren eigenen Wahrheitsgehalt umpolen läßt, untergräbt sich selbst. Wie sollte sie, auf herrschende allgemeine Moralbegriffe reduziert, dem Perspektiven- und Motivationsmangel der "säkularen Gesellschaft" abhelfen können?

Der Autor war international als Verleger tätig und ist heute freier Kulturpublizist. Das Werk, auf das sich Gerhard Beckmann hier bezieht - Jürgen Habermas, "Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze" - ist bei Suhrkamp erschienen
 
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